Torsten Dederichs

Wald mit Sonnenuntergang
Photo by Sergei A on Unsplash, rendered by Torsten Dederichs

Robin Hood würde Grün wählen...

...  aber das ist nur die halbe Wahrheit.

Robin Hoods Heimat war der Sherwood-Forrest und dort lebte er im Einklang mit der Natur. Noch heute kann man sich in den Schatten seiner Eiche legen. Als Retter der Armen und Entrechteten, bestahl er die Reichen und schenkte es den Armen. Es verwundert nicht, dass dieser tapfere Held des Mittelalters ein Idol geworden ist, der bis in die heutige Zeit strahlt. Ohne viel Fantasie könnte man vermuten, dass Robin Hood heute Grün wählen würde. Jedenfalls ist es nicht erstaunlich, dass politische Aktivisten versuchen sich über seine Taten zu legitimieren. Aber auch hier gilt wie immer: Schaut man kritisch hinter die Geschichte, erkennt man, dass man es sich zu einfach macht, wenn man Robin Hood verklärt. Denn auch er muss im Zusammenhang mit seinem Umfeld betrachtet werden. Und hier lohnt ein Blick ohne Scheuklappen allemal, denn es wird schnell klar: Wäre Prinz John ein Liberaler gewesen, wäre Robin Hood nur Biobauer geworden.

Im 12. Jahrhundert war England, nach der Eroberung durch die Normannen, politisch gefestigt. Die normannischen Eroberer etablierten ein auf sie ausgerichtetes Lehnssystem. In dessen Zuge die zuvor freien Bauern enteignet wurden und ihre Ländereien an den König fielen. Er besaß alles. Die einst freien Bauern aber wurden zu Leibeigenen auf ihren ehemaligen Hofstätten. Wenn auch zurzeit Prinz Johns mit der Magna Charta eine Gewaltenteilung zwischen König und Adel erreicht wurde, war England noch sehr weit davon entfernt ein liberaler Staat zu sein. Der Begriff „Freier Mensch“ im Sinne dieser Charta stand noch für eine lange Zeit ausschließlich für Vertreter des Adels. Ein Bruchteil der 5 bis 6 Millionen Engländer, die zum Ende des 13. Jahrhunderts dort lebten.

Friedlich war es im Hochmittelalter ebenfalls nicht. Insbesondere zwischen England und Frankreich kam es zu dieser Zeit laufend zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Zur Finanzierung dieser Kriege, entwickelte sich aus einem System von finanziellen Hilfen für den König, ein echtes Steuersystem. Denn der König, seine Verwaltung aber vor allem seine Armee, wurden zusehends abhängig von diesem Geld. Diese Abhängigkeit ausnutzend, gingen viele Lehnsherren auch dazu über, sich mit weiteren finanziellen Mitteln vom eigentlich verpflichteten Armeedienst freizukaufen. Insgesamt führte also der ständige Krieg dazu, dass die rechtlose Bevölkerung Tag für Tag ausgebeutet wurde und entweder auf dem Korn- oder Schlachtfeld starb.

Dies ist also der Hintergrund, vor dem Robin Hood zum Outlaw wurde. England war damals alles andere ein liberaler Sehnsuchtsort: Die Menschen waren abhängig vom König, wobei den allermeisten von ihnen noch nicht einmal die grundlegendsten Menschenrechte zugestanden wurden. Daneben war ein überbordender und fehlgesteuerter Staatsapparat auf horrende Steuern angewiesen.

Was wäre also gewesen, wenn Prinz John der Präsident einer liberalen Demokratie gewesen wäre? Nun:

  1. Er hätte sicher keine regelmäßigen Kriege mit Frankreich führen können. Die Bevölkerung wäre es schnell leid gewesen mit hohen Steuern — und vielem menschlichen Leid — für diese Kriege zu bezahlen. Prinz John wäre abgewählt worden.
  2. Es hätte keinen Grund mehr gegeben Steuern zum Unterhalt eines Kriegs-Heeres aufzubringen. Die Steuerlast wäre gesunken und den Menschen wäre mehr Geld zum Leben übrig geblieben. Es hätte sich ein gewisser Wohlstand entwickelt.
  3. Durch die politische Stabilität hätte sich der Staat stattdessen auf die Weiter-Entwicklung des Gemeinwesens konzentrieren können. Die Armut im Land wäre spürbar gesunken.

Was wäre dann aber aus Robin Hood geworden? Da er keinen Grund mehr zum Rauben gehabt hätte, hätte er sich vielleicht auf seinen Bauernhof zurückgezogen. Sein Leben wäre dadurch sicherlich sehr viel langweiliger geworden und Filme über den Biobauern Robin Hood würden es allenfalls in den Biologie-Unterricht schaffen, aber sicher nicht ins Kino.