Torsten Dederichs

Sand Probe
Photo by Miguel Bruna on Unsplash, rendered by Torsten Dederichs

Leserbrief zur Probebohrungen der Quarzwerke

Beim Lesen des Artikels vom Samstag vermag man nicht zu sagen welcher Aspekt rund um die geplanten Bohrungen der Quarzwerke der skandalösere ist.  Ist es die Begründung der Ablehnung des Naturschutzbeirates? Oder ist es das Vetorecht des Beirates an sich?

Skandal 1: Begründung der Ablehnung des Naturschutzbeirates

Da man keine Handhabe gegen die bergrechtlich erlaubten Bohrungen hat, begründet der Naturschutzbeirat die Ablehnung damit, dass man den Wald nicht mit motorbetriebenen Fahrzeugen befahren darf. Die versteckten Hintergedanken sind dabei aber wohl andere: Man möchte dem alt eingesessenen Betrieb aus Haltern die Existenzgrundlage entziehen, da man dem Sandabbau/ Bergbau insgesamt kritisch gegenüber steht. Da kommen die Probebohrungen gerade recht.

Wie schizophren die Entscheidung des Naturbeirates ist, wird umso deutlicher, als es vorliegenden Fall nur um das Befahren des Waldes geht, es an anderen Stellen offenbar aber in Ordnung ist, unsere Wälder der Windkraft-Industrie zu opfern. Für den Bau und Montageplatzes eines Windrades ist eine Fläche von mindestens einem 1ha erforderlich (zuzüglich Flächen und Rodungen für das Anlegen der Zufahrtswege). Das bedeutet, dass für ein Windrad 1000 Bäume unwiderruflich gefällt werden müssen. Das ist eine ganz andere Nummer, als – und selbst wenn es mit schwerem Gerät ist – in den Wald rein und wieder raus zu fahren. Wo bleibt hier der Aufschrei des Naturschutzbeirates? 

Skandal 2: Vetorecht des Naturschutzbeirates

Der zweite Skandal liegt in der Veto-Macht des Naturschutzbeirates an sich – und tatsächlich ist das wirklich das größere Übel dieses Falls. Mit Vetos regieren Despoten. Am 15.11.2016 hat der Landtag mit Stimmen der Grünen, der Piraten und der SPD – und gegen die Stimmen von FDP und CDU – die Änderung des Landesnaturschutzgesetzes beschlossen. In dieser Neufassung wird unter anderem ein Naturschutzbeirat eingeführt, der zusammengesetzt aus Vertretern von Natur- und Umweltschutzverbände sowie der Landwirtschaft, Jagd, Fischerei, Waldbauern, Imker, des Gartenbaus und des Sports mit einem Vetorecht über demokratische Entscheidungen des Kreistages ausgestattet ist. Unter der schützenden Hand des großen Koalitionspartners SPD konnte der Grüne Umweltminister Remmel hier einen ersten Schritt in Richtung der Etablierung einer Räterepublik vornehmen. So schafft sich Demokratie genau so ab, wie es gerade in der Türkei der Fall ist. In einer Demokratie, in unserer Demokratie, werden Entscheidungen in unseren Parlamenten von unseren gewählten Volksvertretern getroffen! Diese Entscheidungen sind das Ergebnis von Beratungen und Abwägungen von unterschiedlichen Interessen. Auch der Abwägung von Naturschutz- und Wirtschaftsaspekten. Diese Beschlüsse sind bindend und dürfen allenfalls noch von Verfassungsgerichten überprüft werden. Diese Entscheidungen mögen nicht jedem gefallen, sie sind aber nun einmal das Ergebnis einer demokratischen Abwägung. Sie sind das Ergebnis unseres politischen Systems. Nimmt man den Parlamenten diese ureigensten Befugnisse, braucht man sich über schwindende Wahlbeteiligungen nicht mehr wundern und darf sich auch über die steigende Macht von Lobbyisten, die nun ganz nebenbei offiziell eine maßgebliche Stimme bekommen haben, nicht beschweren. Ein System das auf Räte basierte gab es zum Beispiel in der DDR oder der UDSSR. Ist dies die „verborgene Agenda“ von Herrn Remmel? 

Im Sinne von „wehret der Anfänge!“ muss man der Rot-Grünen Regierung am 14. Mai die Quittung vorlegen und die Befugnisse unserer demokratischen Parlamente wieder herstellen!